Angst verstehen ist kein Geheimnis
Wie funktioniert Angst? Angst ist ein Instinkt, der uns schützen soll. Jeder kennt das Gefühl der Angst und trotzdem verstehen es nur wenige. Es gibt viele wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesem Thema, die unglaublich aufschlussreich sind und trotz dessen bleibt dieses noch immer geheimnisvoll. Viele Gefahren wenden wir von uns ab, weil unsere natürliche Angst uns schützt. Wir wählen z.B. den längeren beleuchteten Weg, anstatt den kürzeren und düsteren Weg zu nehmen. Jedoch geraten diese Art von Schutz manchmal außer Kontrolle und entwickeln sich in eine Phobie, Sorgen und Panikattacken. Selbst diese übersteigerte Form der Angst, hat den Zweck uns zu schützen. Hier ist es wichtig, dass professionelle Hilfe in Anspruch genommen wird. Angst fühlt sich äußerst unangenehm an und deshalb neigen wir oft dazu diese zu verdrängen. Die Verdrängung der Gefühle ist eine Missachtung und führt dazu, dass sich die Ängste steigern und dieses kann ihr Leben erheblich beeinträchtigen. Angst ist ein Grundgefühl und zu diesem gehört auch, Wut, Trauer und Freude.
Wo entstehen Ängste?
Heute ist erwiesen, dass bestimmte Strukturen in unserem Gehirn eine große Rolle spielen. Ein Teil vom Limbischen System, das sich Amygdala nennt, trägt dazu bei das emotionale Informationen verarbeitet werden. Die Amygdala besteht aus zwei mandelförmigen Ansammlungen von Nervenzellen. Diese sitzen im Zentrum des menschlichen Gehirns. Im rechten und linken Schläfenlappen des Gehirns befindet sich die Amygdala direkt vor dem Hippocampus. Dieser Bereich ist äußerst sensibel und Tierversuche haben gezeigt, dass kleinste Verletzungen in diesem Bereich zu zahlreichen Veränderungen führen. Also ist die Amygdala unsere „Alarmanlage“. Sie schätzt Situationen innerhalb von Millisekunden ein und bewerten diese.
Was ereignet sich in unserem Gehirn?
Das Gehirn ist überaus beeindruckend. Obwohl wir heute einen großen Fortschritt genießen dürfen, ist das Gehirn und das was darin vorgeht nur bis zu fünf Prozent erforscht. Es ist ein unfassbar vielseitiges Organ, das ohne Pause für uns arbeitet. Alles was in uns passiert, ist durch das Gehirn erst möglich. Der Mechanismus der sich ereignet, wenn Angst entsteht hat der Neurowissenschaftler Joseph LeDoux als Schaltkreis der Angst beschrieben. Über zwei Optionen werden Informationen an die Amygdala gesendet:
- Informationen werden schnell, grob und fehlerhaft weitergeleitet
Die Reaktion im Gehirn erfolgt vom Thalamus direkt zur Amygdala und die kognitive Verarbeitung erfolgt zügig.
- Informationen werden langsam und genau analysiert weitergeleitet
Die Sinnesinformationen gelangen im Gehirn zuerst in den Cortex und dann in den Hippocampus wo diese analysiert werden und dann erst die Amygdala erreichen. Die sensorischen Bereiche des Neocortex verarbeiten die Angstreize differenziert und tragen dazu bei, die Angst realistischer wahrzunehmen. Diese Reaktion erfordert doppelt so viel Zeit, wie die erste Angstreaktion über den direkten Weg vom Thalamus.
Sowohl der Neocortex als auch der Hippocampus sind mit der Amygdala verbunden. Der Thalamus bildet den Ausgangspunkt und ist das sogenannte Tor zum Bewusstsein. Der Thalamus kann auch als „Filter“ bezeichnet werden, der uns vor überflüssigen Informationen schützt. Denn nicht alles was passiert, hat eine Relevanz für uns und der Thalamus dient auch zum Selektieren. Dies ist ein Teil des Zwischenhirns und ist eine zentrale Schaltstelle für Nachrichten von den Sinnesorganen. Erhält dieser einen emotionalen Reiz wie z.B. einen lauten Knall, wird dieser Sinneseindruck weitergeleitet an einen Zellverbund in der Amygdala. Werden diese Zellen aktiviert, dringt die Information an den Zellkern der Amygdala und Verhaltensprogramme wie z.B. „weglaufen“ werden eingestellt. Die Angstreaktion erfolgt, um das Leben zu schützen. Auch der Hirnstamm und die Großhirnrinde werden informiert. Der Hirnstamm verantwortet die körperliche Angstreaktion wie z.B. Angriff, Flucht oder Erstarren. Die Großhirnrinde ist für die Entstehung der emotionalen Reaktion verantwortlich.
Was passiert im Gehirn bei einem falschen Alarm?
Wenn ein falscher Alarm stattgefunden hat, weil wir uns vor etwas harmlosen erschrocken haben, erfolgt im Gehirn eine Korrektur der aktuellen Situation.
Ist Angst angeboren?
Von Geburt aus oder nach einmaliger Begegnung können Geräusche, Anblicke oder Gerüche in uns Angst auslösen, um uns zu schützen. Ein negativer Gesichtsausdruck oder ein Ereignis das wir mit einer negativen Erfahrung in Zusammenhang bringen, kann Angst auslösen.
Wie äußert sich Angst auf der körperlichen Ebene?
Oft ist es mit Schweißausbrüchen, Herzrasen, trocknen Mund, klobiges Gefühl im Hals, Druck auf der Brust, Engegefühl, Kopfdruck und Aggressivität verbunden. Es ist äußerst unangenehmen, weil es sich so bedrohlich anfühlt.
Warum benötigen wir diesen Instinkt?
Wenn das Gefühl der Angst entsteht, werden Stresshormone produziert, die eine Flucht vor einer Gefahrensituation effizient machen. Die Stresshormone bewirken, dass alle für eine Flucht überflüssigen Körperfunktionen eingestellt werden. Das bedeutet, dass z.B. die Verdauung eingestellt wird, dass der Speichelfluss gedrosselt wird usw. Deshalb leiden Menschen, die unter chronischem Stress leiden oft an Verstopfungen und Mundtrockenheit. Des weiteren werden alle Körperfunktionen, die für eine Flucht nötig werden angekurbelt. Das heißt, der Puls steigt, die Lungenfunktion und Herzfunktion wird gesteigert, damit wir auf der Flucht besser Luft bekommen. Die Pupillen weiten sich, damit wir besser wahrnehmen können und die Muskeln spannen sich an. So können wir auf der Flucht konzentriert und schnell sein. Für das Gehirn spielt es keine Rolle, ob wir vor einer realen Bedrohung davonlaufen, wie z.B. einem Säbelzahntiger, einen Horrorfilm sehen oder Verlustängste haben. All diese Gegebenheiten lösen Stresshormone aus, die unseren Körper im Fluchtmodus versetzen.
Wie kann ich mein Gehirn positiv stimulieren?
Die Hirnforschung hat gezeigt, dass sich das Gehirn nach 8 Wochen Meditation, auf verschiedenen Ebenen zum Positiven verändert hat. In diesem Blog gehe ich lediglich auf den Einfluss, der Meditation auf die Angst ein. Nach 8 Wochen á 45 Minuten Meditation hat sich die graue Substanz im Hippocampus positiv verändert. Dies ist eine Struktur, die bei Dauerstress geschädigt werden kann. Auch wird dieser Bereich für das Lernen, Erinnerungen und Steuerung der Emotionen in Verbindung gebracht. Die Amygdala, die eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit Blutdruck und Angst spielt, zeigte eine Reduzierung der grauen Substanz durch Meditation auf. Meditation ist nachweislich gesundheitsfördernd. Es verändert die Gehirnströme und dies ist messbar. Menschen die meditieren, haben ein erhöhtes Level an Alpha Wellen, die nachweislich Gefühle wie Traurigkeit, Anspannung, Wut verändern können. Durch Meditation wird das Gehirn in seiner physischen Form und Größe verändert.
Umgang mit Ängsten bei Kindern
- Verleugnen Sie nicht die Gefühle des Kindes indem Sie es runterspielen. Denn das Gefühl der Angst ist für das Kind Realität und so fühlt es sich nicht ernst genommen und entwickelt evtl. noch ein Schamgefühl das wenig förderlich ist.
- Beschützen Sie das Kind, so wie es den Schutz gerade braucht, denn es fühlt sich bedroht und dieses ist kein schönes Gefühl.
- Suchen Sie im Gespräch mit Ihrem Kind Lösungsmöglichkeiten.
- Schaffen Sie Rituale, um so viel Sicherheit wie möglich zu schaffen.
- Es gibt tolle kindgerechte Bücher, die Themen wie Angst thematisieren.
- Wählen Sie medialen Konsum sorgfältig aus, denn diese sind oft Angstauslöser.
- Besprechen Sie Angstauslöser und geben Sie Ihrem Kind das Gefühl, dass es verstanden wird.
- Tauschen Sie sich mit Ihrem Kind auf Augenhöhe aus.
- Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch, wenn Sie merken, dass Sie es nicht alleine schaffen.